Private Higher Education
Sektorenübergreifende Hochschulstatistik 2011
Einige interessante Fakten über die drei Sektoren des österreichischen Hochschulwesens (staatliche Universitäten, Privatuniversitäten, Fachhochschulen). Download:
Graben Fachhochschulen und Privatuniversitäten den staatlichen Universitäten das Wasser ab? Eine sektorenübergreifende Hochschulstatistik.
Privatuniversitäten in Österreich
Die laufende Berichterstattung über die schwierige Situation der staatlichen Universitäten (Massenandrang, Zugangsregelung über Knock-Out-Prüfungen, hohe Dropout-Quoten, budgetäre Nöte) erschwert es den anderen Hochschulsektoren, in der Öffentlichkeit bemerkt zu werden. Den Privatuniversitäten gelingt es im aktuellen medialen Umfeld nur sehr langsam, hartnäckige Vorurteile zu korrigieren.
"Universitäten von Millionären für Millionäre" gehört zu diesen Vorurteilen, die zwar nicht offen geäußert werden, implizit aus vielen Statements jedoch herauszulesen sind. Gut, Körperschaften wie die Stadt Wien, die Länder Oberösterreich, Salzburg und Tirol, die Wirtschaftskammern und die Katholische Kirche als größte Eigentümer von Privatuniversitäten kann man natürlich als Millionäre bezeichnen, aber die verbreitete Meinung, dass eher Reiche an Privatunis studieren, hält einer Überprüfung nicht Stand. Zwar studieren an den medizinischen Privatuniversitäten, ebenso wie an den drei staatlichen Medizinunis, viele Ärztekinder - wer will schon Zahnarzt werden, wenn er diesen Beruf nur aus der Opferperspektive kennt - aber an den anderen Privatuniversitäten unterscheidet sich die soziale Zusammensetzung der Studentenschaft nicht wesentlich von der an staatlichen Unis, der Anteil der Studierenden aus nichtakademischem Elternhaus ist sogar etwas größer: Die Privatuniversitäten schaffen die soziale Durchlässigkeit besser als die Bundesunis. Dies mag auf den ersten Blick überraschen, weil sich die Privaten zum Teil durch Sudiengebühren finanzieren müssen, die von einigen hundert bis zu einigen tausend Euro pro Semester betragen, schließlich steuert die Republik keinen Cent bei. Doch gibt es an allen Privatuniversitäten Stipendiensysteme, die gewährleisten, dass jede/r, der/die für das Studium geeignet ist, auch studieren kann. Die Stipendien decken einen Teil der Gebühren, jedoch im Normalfall nicht zur Gänze. Damit ist sichergestellt, dass niemand zu studieren beginnt, obwohl er/sie noch gar nicht so genau weiß, was ihn/sie interessiert, weil es ja nix kostet. Alle Studierenden können damit sicher sein, dass ihre Kommilitonen ebenfalls von dem Fach begeistert sind, die Dropout-Raten sind gering. Statt Knock-Out-Prüfungen gibt es individuelle Aufnahmegespräche vor Studienbeginn, wer Mathematik hasst, erfährt spätestens hier, dass Psychologie nicht die richtige Studienwahl ist, und nicht erst im zweiten Semester.
Insgesamt hat sich die Erwartung des Gesetzgebers nicht erfüllt, dass Eliteuniversitäten wie Harvard oder Stanford sich in Österreich ansiedeln, wie es die Geschäftsführerin des Österreichischen Akkreditierungsrates, Frau Mag. Fiorioli, unlängst in einem Interview ausgedrückt hat. Gut so! Keine der aktuell 13 Privatuniversitäten in Österreich versteht sich als Ausbildungsstätte für Eliten. Statt dessen hat man den Anspruch, qualitativ gute Lehre mit studentenfreundlichen Betreuungsverhältnissen, ausreichender Infrastruktur und vielfältigen didaktischen Methoden geeigneten Personen jeder sozialer Herkunft anzubieten. Die österreichischen Privatuniversitäten sind damit international üblicher akademischer Normalzustand. Abweichler von diesem europäischen Normalzustand sind die staatlichen Universitäten, denen die österreichische Rechtslage jede Möglichkeit raubt, sich dieser Norm anzunähern.
Fachhochschulen in Österreich
Das akademische Kastenwesen ist in Österreich sehr deutlich ausgeprägt. In der öffentlichen Wahrnehmung sind die FHs in der Wertigkeit etwas unter den Universitäten angesiedelt. Studien belegen, dass FH-Absolventen immer noch geringere Gehälter haben als Uni-Absolventen. Freilich hängt das auch damit zusammen, dass mehr Uni- als FH-Absolventen in den Staatsdienst gehen. Die öffentliche Verwaltung ist großzügig zu ihren Mitarbeitern, weil sie nicht so aufs Geld schauen muss, schließlich gilt bis heute das Credo, dass der Staat seinen Finanzbedarf in beliebiger Höhe auf dem Kapitalmarkt decken kann. Umso deutlicher wird die Wichtigkeit der Fachhochschulen: Da die öffentliche Verwaltung eine große Zahl von Uni-Absolventen aufsaugt, bliebe für die Wirtschaft nicht genug übrig, gäbe es die FHs nicht.
Aus eigener Erfahrung kenne ich alle drei Sektoren des österreichischen Hochschulwesens sehr gut. An FH-Studierenden schätze ich ihren internen Locus of Control: Sie nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand, lamentieren nicht über die Situation, die sie vorfinden, sondern überlegen sich, wie sie das beste draus machen und was sie selbst zur Verbesserung beitragen können. Fast alle wissen genau, warum sie sich für ihr Studium entschieden haben, und die Aussicht, nach dem Studium einen in jeder Hinsicht attraktiven Beruf ausüben zu können, spielt bei der Studienwahl eine Rolle. Dabei habe ich FH-Studierende niemals als weniger kritisch oder reflexiv empfunden als Uni-Studierende. Natürlich findet man diese positiven Eigenschaften auch bei der Mehrheit der Universitätsstudenten, aber die nicht geringe Zahl der desinteressierten Verlegenheitsstudenten drückt den Durchschnitt insbesondere in den Massenfächern.
Das akademische Kastenwesen in Österreich ist ein Anachronismus, der auch wegen der Erfolgsbilanz der Fachhochschulen bekämpft gehört: Die FHs haben zwar nur 1/7 der Studierenden der Unis, produzieren aber 1/3 ihrer Absolventen!